Dokumentation SWMT 2019 Mainz

Der digitalen Gefahr begegnen: Vertrauen aufbauen, Controlling gestalten, IT nutzen

Pflegeroboter unterstützen bei der Pflege und Tablets bei der Dokumentation Allerdings: Mit Künstlicher Intelligenz (KI) lässt sich auch perfekt fälschen und Menschen überwachen. Die 24. Sozialwirtschaftliche Managementtagung in der Hochschule Mainz am 7. März 2019 hätte aktueller und gesellschaftlich bedeutender nicht sein können. Sie stand unter dem Motto Der „digitalen Gefahr“ begegnen: Vertrauen aufbauen – Controlling gestalten – IT nutzen.

 „Bei der digitalen Gefahr, meine Damen und Herren, geht es meiner Ansicht nach vor allem darum, dass man sich mit dem Thema Digitalisierung nicht richtig auseinandersetzt“ – mit diesen Worten eröffnete Professor Dr. Hans-Christoph Reiss die Tagung mit rund 105 Führungskräften aus der Sozialbranche aus ganz Deutschland. „Allzu oft bestimmen noch immer Fragen, wie man mit der Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz die Produktivität verbessern kann. Das ist wichtig und notwendig. Allerdings kommen sehr häufig Fragen nach ethischen Regeln – auch in der Sozialwirtschaft – zu kurz.“ Die Tagung wolle dazu einen Beitrag leisten.

Was alles bereits technisch möglich ist, darauf ging gleich zum Auftakt Holger Volland, Vice President der Frankfurter Buchmesse GmbH, in seinem Vortrag ein: „Die kreative Macht der Maschinen: Warum künstliche Intelligenzen bestimmen, was wir morgen fühlen und denken“. Nach seinen Worten sind die technischen Durchbrüche auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz atemberaubend rasant vorangeschritten. Unter künstlichen Intelligenzen versteht Volland KI-Anwendungen, „die eigene kreative Schöpfungen erstellen und Musik, Bilder oder Designs erschaffen können.“ Das gelingt ihnen nach seiner Darstellung vor allem deshalb, weil sie permanent hinzulernen und so ihre Ergebnisse immer weiter verbessern: „Wir alle müssen immer häufiger mit den kreativen Ergebnissen von Maschinen konkurrieren und uns an deren Perfektion messen lassen. Dieser Wettstreit wird uns tendenziell unglücklich zurücklassen. Und nicht zuletzt bedeutet es auch, dass ein großer Teil unserer medialen Welt nicht mehr von Menschen verantwortet wird, sondern von Maschinen, die damit einen immer größeren Einfluss auf unser Erleben, Denken und Fühlen bekommen.“

Anschließend ging es wie in den vergangenen Jahren in die Workshops, die jeweils zwei Mal durchgeführt wurden, um möglichst vielen mindestens zwei Teilnahmen zu sichern.


Forum Recht

Dr. Nicolas Michael Sonder und Nikolai Fritsche von der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Stuttgart klärten über dierechtlichen Herausforderungen für Einrichtungen der Gesundheitswirtschaft auf. Hinsichtlich moderner Beschaffung wiesen sie unter anderem darauf hin, dass noch immer zu oft und zu schnell einfach zum Hörer gegriffen werde und Aufträge vergeben würden – und zwar ohne ein Markterkundungsverfahren als Instrument zur Entwicklung eines strategischen Einkaufs. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung werde die Beschaffung gehalten sein, vermehrt IT-basierte und technogische Lösungen einzusetzen. Der öffentlichen Hand und den Gesundheitseinrichtungen fehle es an tiefergehender Erfahrung und Standardisierung entsprechender Vergabeprozesse. Beim Thema Innovation stellten sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unter anderem die Möglichkeit einer Innovationspartnerschaft vor. Diese erleichtere öffentlichen Auftraggebern den Erwerb von Produkten und Dienstleistungen, die auf den Märkten noch nicht vorhanden sind. Das Verfahren eigne sich jedoch nur bei komplexen Produkten und Leistungen, da beide Seiten Ressourcen aufwenden müssten und die Mehrstufigkeit viel Zeit erfordere. Generell machten die beiden Referenten deutlich, dass viele Prozesse und Verfahrensweisen in den Sozialorganisationen und Gesetze noch aus der Zeit vor der Digitalisierung stammten. Diese gelte beispielsweise auch für den Arbeitsschutz.
 

Forum Controlling

Mike Santinato von der Corporate Planning AG in Hamburg stellte ein Steuerungsmodell für die stationäre Altenhilfe vor – bezogen auf die deckungsbeitragsorientierte Steuerung von Pflegeeinrichtungen. Die Vorteile eines Steuerungsmodells reichten von zahlreichen inhaltlichen Nutzen wie etwa die Möglichkeit zur systematischen Auswertung der zentralen Leistungskennzahlen mit dem Ziel, die steuerungsrelevanten Faktoren in Echtzeit zu analysieren, bis hin zu monetären Nutzen wie beispielsweise negative Deckungsbeiträge zu vermeiden und mindestens kostendeckende Preise zu verhandeln. Bezogen auf die Steuerung des operativen Geschäftes in der stationären Altenhilfe ging es dann konkret und detailliert in die Erklärung in der Software.


Forum IT

Theo B. Prinz,Geschäftsführer der GETECO GmbH in Rimpar, stellte in seinem Workshop mehrere Best-Practice-Ideen für den Start in die gelebte Digitalisierung vor. Dies bezog sich auf konkrete Software-Tipps und Erklärungen zum digitalen Rechnungsfluss und zur digitalen, dezentralen Kommunikation, vor allem aber auch um die notwendige neue Kommunikationskultur mit den Kunden in einer digitalisierten Welt. Ansprechbar sein, etwa per WhatsApp, interne Schulungen auf Video aufzeichnen und auf dem Server den Kunden zur Verfügung stellen, Kundenschulungen per Fern-Sitzung ausbauen – so lauten einige seiner Praxisbeispiele aus dem betrieblichen Alltag. In eigener Sache stellte der Unternehmer sein Recruiting bei Facebook und Co. vor – und zwar unter anderem mit Hilfe selbst gedrehter Filme mit Auszubildenden aus dem eigenen Betrieb oder einem persönlichen Rundgang durch die Geschäftsräume.

 

Forum Strategie

Dr. Ludwig Hartman, Manager bei der Sanovis/Curacon GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Münster, öffnete die Augen der Workshop-Teilnehmenden für die Einführung einer Digital Strategy Map als notwendige Basis für Digitalisierung. Digitale Beratung mit Hilfe von Portalen, digitales Wohnen unter Nutzung von Assistenzsystemen, digitale Mobilität durch „Super-Rollatoren“ seien längst Alltag geworden. Digitalisierung, so der Referent, finde in der Sozialwirtschaft bereits seit längerem statt, müsse aber dringend strategisch und priorisierend angegangen werden, da die Themenvielfalt bei der Planung und Steuerung der Informationstechnologie drastisch zunehmen werde. Eine reine ad hoc-Steuerung der IT sei dann kaum mehr möglich. Notwendig sei eine Digitalisierungsstrategie, um den Wandel aktiv gestalten zu können.

 

Impulsvortrag

Kip Sloane von der rosenbaum nagy Unternehmensberatung GmbH in Köln führte den Gedanken einer notwendigen Digitalisierungsstrategie in seinem Vortrag Gefahr oder Erfolgsgarant? Digitale Transformation von Steuerung ist Managementaufgabe weiter aus.Die Digitalisierungnehme eine exponentielle Entwicklung, während gleichzeitig die Komplexität in der Sozialwirtschaft etwa wegen weiterer Gesetzesreformen und weiter fortschreitendem Fachkräftemangel zunehme. Deshalb sei Digitalisierung Managementaufgabe. Aufgabe der Führung sei es, die langfristige Handlungsfähigkeit der Träger sicherzustellen. Eine Digitalisierung ohne eine parallele Einführung eines Change-Managements mit agilen Führungsmethoden ist nach Auffassung des Referenten zum Scheitern verurteilt. Das Management sollte die Digitalisierung systematisch steuern und zu einem Erfolgsgaranten zu machen.

 

Professor Hans-Christoph Reiss dankte abschließend allen Beteiligten in Vorbereitung und Durchführung der Tagung. Der Ideengeber und Treiber der Veranstaltung kündigte schließlich die 25. Sozialwirtschaftliche Managementtagung an. Demnach soll die Jubiläumsausgabe am Mittwoch, 4. März 2020, am Traditionsort in der Hochschule Mainz stattfinden.



Premium-Partner

Wir­tschafts­prü­fungs­gesell­schaft mit Spezia­lisierung auf die Prüfung und Beratung von Ein­rich­tungen und Unter­nehmen im Non-Profit-Bereich und im Public Sektor.

Medien-Partner

Businessfotografie für Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur.